Ein Weberscher Ferientag

Du wirst dich wahrscheinlich schon sehr oft gefragt haben, wie ein durchschnittlicher Physik-Student aus dem Waldviertel die Ferien verbringt. Anhand eines Musterexemplars, nämlich mir, möchte ich es dir kurz schildern!

von Christoph Weber

Immer morgens hebt mich die Stimme meiner Mutter, die ein paar Kilometer entfernt scheint, sanft aus meinem Bett. Sodann wird ein Frühstück gegessen, das meine Großmutter zubereitet hat. Dann kommt mir der Gedanke, dass für alle Anderen dies das Mittagessen ist. Mitleid erfasst mein Herz, doch die baldige Fülle in meinem Magen verdrängt all das sehr bald.

Die Hitze scheint unaufhörlich auf mich einzuwirken, nur mit Müh und Not kann ich mich auf eine Bank retten, auf der ich erschöpft liegen bleibe. Anstrengendes Tagwerk vollbracht, und doch ist der Großteil des Tages noch vor mir…

Ich nehme die Fernbedienung zur Hand und zappe zur Verdauung mal durch alle Sender. Erst Arabella errettet mich aus der verwirrenden Sendervielfalt. So eine Dessousshow (ist bei Arabella garantiert dabei, manchmal aber auch nur ein kleiner Strip) am Nachmittag ist schon was Nettes.

Und täglich stelle ich fest: Es gibt immer noch Menschen, die nie eine Talkshow gesehen haben! Wie kann es sonst sein, dass dort jemand auftritt?

Dann wird der Computer angeworfen, und ich spiele schnell eine Saison "Baseball Mogul". Wieder mal die World Series gewonnen, der Hall of Fame näher gekommen, eile ich wieder zum Fernseher, ohne mich allerdings zu überanstrengen, denn ich muss meine Energie einteilen. Denn die Werbepausen bei "Star Trek – Deep Space Nine" sind rar, schließlich wird die Serie in ORF 1 gespielt.

Da heißt es dann, in kurzer Zeit seinen Flüssigkeitshaushalt in Ordnung zu bringen, um wenig zu verpassen und doch den ärztlichen Rat, an heißen Tagen viel zu trinken, nicht zu missachten. Am Abend ist es natürlich sowieso unvermeidlich, dass man sehr viel trinkt… auch in den Ferien. Schließlich will man ja gut vorbereitet in das neue Semester starten, und Training ist wichtig, will man Feste bis zum Schluss erleben.

Wieder erklingt die Stimme meiner Mutter, diesmal weniger aufmunternd, eher mahnend. Mahnend, dass das neue Semester bald beginnt, und ich doch lernen solle. So schnell kann Ferienstimmung verdorben sein. Ich nehme nun ein Buch zur Hand, doch in der Hitze verschwimmen die Zahlen vor meinen Augen, und schnell ist der Entschluss gefasst, den späten Nachmittag im Schwimmbad zu verbringen.

Kühlendes Nass umspült nunmehr nicht nur mehr die Kehle sondern auch den restlichen Körper. Schlechtes Gewissen drängt sich mir auf – habe ich jetzt nicht die Simpsons verpasst?

Veröffentlicht: November 1998
Nawigator (nawi-info 47 Zeitungsnummer 123529 W90U)
Seite 22
Weberseite

Ein Gedanke zu „Ein Weberscher Ferientag“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.